Nachruf: Die Kunstakademie Düsseldorf trauert um Professor Eugen Gomringer
Die Kunstakademie Düsseldorf trauert um
Professor Eugen Gomringer,
der am 21. August 2025 hundertjährig in Bamberg verstarb.
Der bolivianisch-schweizerischer Künstler gehörte zu den prominensteten Vertreter:innen der sogenannten „Konkreten Poesie“. Nach Studienjahren in Bern war Gomringer in den Jahren 1954 bis 1957 Sekretär von Max Bill an der Hochschule für Gestaltung in Ulm. Im Jahr 1977 wurde er auf die Professur für Theorie der Ästhetik an die Düsseldorfer Akademie berufen, wo er bis zum Jahr 1985 lehrte. Zu den Intentionen der „Konkreten Poesie“ schrieb er im Jahr 1971: „Ich glaube, (…) daß sie, indem sie auf diesen Widerspruch zwischen Sprache und Gegenstein hinweist, auf ein neues Bewußtsein, das wir von den Dingen haben sollten, abzielt. (…) Diesen Widerspruch gibt es. Aber wie es zum Beispiel die chinesische Sprache, zumindest während ihrer Entstehung, versucht und auch für ihre Zeit gelöst hat, mit ihren Schriftzeichen Prozesse aus der Natur in die Sprache hineinzubringen, so versuchen wir – und in diesem Sinne besonders ich – mit der Schrift, mit dem Buchstabenmaterial auf ein neues Bewußtsein hinzuweisen. (…)“. (Zitiert nach Illustrierte Geschichte der deutschen Literatur. Von 1933 bis zur Gegenwart, Köln o. J., Bd VI) In seinen lyrischen Arbeiten und Gedichten ähnelt Gomringer Christian Morgenstern, der ein halbes Jahrhundert vor ihm mit „Fisches Nachtgesang“ „die Krönung aller Lautmalerei“ erfand, wie es Ernst Jandel treffend beschrieb, „denn er malt die Laute der stummen Natur“. Durch den rhythmischen Wechsel von Bögen und Strichen, typografiert in der Form eines Fisches, wird dieses Gedicht zum Ideal einer auch visuell erkennbaren Poesie, so wie es auch der Gomringers zu Eigen ist. Mit der besonderen Anordnung der Buchstaben und der Konzentration auf das einzelne Wort werden Gomringers Gedichte zu einer künstlerischen Realität, die in Worten abbildet, aber auch Bewegung innerhalb des typografierten Wortbildes entstehen lässt. Eines seiner bekanntesten Gedichte ist „schweigen“, das auch in der Mappe, die Gomringer der Akademie-Galerie schenkte, enthalten ist. Gomringer überführte das „schweigen“ in einen neuen Denkraum, indem er es vierzehn Mal in einem Block aus fünf Zeilen beschwor und durch eine visuelle Leerstelle in der Mitte des Textes in einen neuen Bedeutungszusammenhang im Sinne einer Leerstelle oder Pause stellte.
Die Akademie wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.
Donatella Fioretti
Rektorin